Widerrufsrecht im Handwerk: So handeln Sie rechtlich sicher

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von Milena LopesCaspary

Widerrufsrecht im Handwerk: So handeln Sie rechtlich sicher

Widerrufsrecht nicht unterschätzen!

Im Alltag vieler Handwerksbetriebe gehört der erste Besuch beim Kunden zum Standard. Wünsche werden besprochen, die bauseitigen Möglichkeiten geprüft, ein Aufmaß genommen – und oft wird direkt ein Angebot vor Ort angenommen. Was viele nicht wissen: Genau hier lauert ein rechtliches Risiko.

Nach § 312b BGB gilt: Wird ein Vertrag mit einem Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmens geschlossen – etwa beim Kunden zu Hause, auf der Baustelle, auf einer Messe oder an einem anderen Ort – steht dem Verbraucher in der Regel ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu.

 

Wer ist besonders betroffen?

Handwerksbetriebe mit regelmäßigem Kundenkontakt vor Ort, insbesondere:

  • Heizungs- und Sanitärunternehmen
  • Malerfachbetriebe und Lackierer
  • Zimmerer, Tischler und Schreiner

 

Warum ist das relevant?

Ohne ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung verlängert sich die Widerrufsfrist von 14 Tagen auf bis zu 12 Monate + 14 Tage. Besonders riskant: Wenn der Auftrag nach einem vorherigen Telefonkontakt direkt vor Ort mündlich abgeschlossen wird.

 

Was passiert im Widerrufsfall?

  • Der Vertrag wird rückabgewickelt.
  • Bei Werkleistungen kann eine physische "Rückgabe" meist nicht erfolgen - stattdessen muss der Handwerker den erhaltenen Betrag zurückzahlen, darf aber Wertersatz für bis dahin erbrachte Leistungen verlangen (§357 Abs. 8 BGB).
  • Wertersatz ist nur möglich, wenn der Verbraucher vor Beginn der Arbeiten ausdrücklich zugestimmt und bestätigt hat, dass er über das Erlöschen des Widerrufsrechts bei vollständiger Leistung informiert wurde.

 

So schützen Sie Ihren Betrieb:

  1. Vertragsabschluss möglichst in den Geschäftsräumen vornehmen
  2. Vor-Ort-Besuche nur zu Besichtigung und Angebotserstellung nutzen, Angebot anschließend schriftlich übermitteln
  3. Widerrufsbelehrung immer vor Vertragsabschluss in Textform übergeben
  4. Ausdrückliches Verlangen des Kunden einholen, wenn die Arbeiten innerhalb der Widerrufsfrist beginnen sollen
  5. Schriftlich festalten
    • Beginn der Arbeiten vor Ablauf der Frist
    • Belehrung über das Erlöschen des Widerrufsrechts bei vollständiger Leistungserbringung

 

Aktuelle Anforderungen seit Mai 2022:

  • Keine Faxnummer mehr in der Belehrung erforderlich
  • Telefonnummer und E-Mail-Adresse müssen angegeben werden
  • Klare Information, wann und unter welchen Voraussetzungen das Widerrufsrecht erlischt

 

Ausnahmen: Notfälle

Kein Widerrufsrecht besteht bei echten Notfalleinsätzen (z. B. Rohrbruch, Sturmschäden), wenn:

  1. der Verbraucher den Einsatz ausdrücklich verlangt, und
  2. er vorher darüber belehrt wird, dass das Widerrufsrecht mit vollständiger Leistung erlischt.

 

Fazit:

Das Widerrufsrecht ist kein Nebenthema – es betrifft den Handwerkeralltag direkt. Wer die Belehrungspflichten beachtet, Verträge sauber dokumentiert und vor Beginn innerhalb der Frist das ausdrückliche Kundenverlangen einholt, vermeidet teure Rückabwicklungen.

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